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Eine Atysaniche Geistergeschichte - Die Geschichte endet - Teil 2

Er stand einfach nur da und sah auf mich herab. Ein Schemen über mir. Seine dunkle Rüstung hob sich kaum von den übrigen Schatten um uns herum ab. Einzig die helle Haut seines Gesichtes stand im krassen Kontrast zum uns umgebenden Dunkel. Zorn funkelte in seinen Augen.


„Was rufst du mich und hältst mich hier?“ forderte er zu wissen. „Ja, es ist war. Ich war einer von ihnen.“


Verzweifelt versuchte ich von ihm fortzukriechen, doch ich hatte keine Chance. Direkt hinter mir stand der Baum, dem ich meinen Sturz zu verdanken hatte, und machte jeden Versuch, fortzukommen schon im Ansatz zunichte.


„Das ... das kann nicht sein.“ stammelte ich. „Ihr ... ihr wurdet besiegt und vertrieben. Was treibt euch wieder in diese Gegend?“


Der Fremde lachte.


„Besiegt und vertrieben.“ wiederholte er meine Worte. „Ja, das stimmt. Diejenigen von uns die überlebten wurden vertrieben und kamen nicht zurück. Doch wir anderen waren niemals fort.“


„Was soll das heißen?“ Ich presste mich mittlerweile so fest gegen den Baumstamm hinter mir, dass es schmerzte. Die Antwort auf diese Frage kannte ich schon, aber glauben konnte ich sie nicht.


„Ist es so schwer zu verstehen?“ begann der Fremde mit trockener Stimme seine Antwort und sein Zorn schien einem tiefen inneren Schmerz gewichen zu sein, als er fortfuhr.


„Wir sind diejenigen die zurückgelassen wurden auf dem Schlachtfeld. Wir sind die Überbleibsel jener Homins die einst hier fochten und starben. Wir sind die Verfluchten, gebunden an diesen Ort für alle Ewigkeit durch den Fluch, der auf uns lastet.“


Bei diesen Worten deutete der Fremde auf die Holztafel und trat einige Schritte von mir zurück. Erleichtert stand ich auf und betrachtete skeptisch mein Gegenüber. Er sah so real aus, seine Rüstung wirkte massiv, seine Wunden, die ich versorgt hatte, waren real erschienen und dennoch wirkten seine Worte glaubwürdig. Von seinen Wunden war keine Spur mehr zu sehen, obwohl er einen Tag zuvor noch sterbenskrank daniedergelegen hatte, und sein plötzliches Verschwinden aus der Höhle ließ sich auch auf diese Weise erklären. Dennoch wollte ich es von ihm hören.


„Aber wie kann es dann sein, dass ich dich retten musste?“ formulierte ich vorsichtig meine nächsten Fragen. „Wenn du ein Geist bist, wie kann es dann sein, dass ich dich mit tödlichen Wunden des Nachts am Wegesrand finde?“


Kalt und nass traf mich etwas am Kopf und lies mich ängstlich zusammenzucken. Unwillkürlich duckte ich mich, in der Erwartung eines neuen Schreckens, bis ich begriff das es nur der einsetzende Regen war, der auf mich herniederfiel. Mein Gegenüber schien davon unberührt, auch wenn er sich misstrauisch zu allen Seiten hin umblickte. Irgendetwas schien auch ihn nervös zu machen.


„Diese Wunden stammten von ihm, dem wir anheimfallen sollen.“ beantwortete er meine Fragen. „Lies die Tafel und du weißt von wem ich spreche“. Wir sollen verschwinden, ins Nichts aufgehen und aufhören zu existieren. Das ist der Fluch und er ist da ihn zu erfüllen.“


Erneut kam Wind auf und trieb mir den Regen unangenehm in die Augen.


„Ich bin ihm knapp entkommen, doch hättest du mich nicht gefunden wäre ich trotzdem vergangen.“ fuhr er fort, die Nervosität in seiner Stimme nun nicht mehr zu überhören „Dafür bin ich dir dankbar, doch alles was ich tun kann um meinen Dank auszudrücken ist dich zu warnen. Seine Macht endet, wo die der Lebenden beginnt, doch sein Gedächtnis währt ewig. Sei gewiss, an jenem Tag der kommen wird, an dem dein Leben vergeht, wird er sich daran erinnern, dass du dich ihm in den Weg gestellt hast“.


Donner und Blitze zerrissen die Nacht.


„Und nun muss ich fort. Er kommt!“ Von plötzlicher Panik ergriffen blickte ich mich nach allen Seiten um, konnte aber nichts sehen. Dann setzte der Wind ein.


Wie in jener Nacht, in der ich den Fremden zum ersten Mal traf, tobte von einem Moment auf den anderen ein heftiger Sturm los. Grade noch bekam ich mit, wie sich der Fremde in einer Nebelwolke auflöste, als der Boden sich unter mir erhob. Ich wurde zurück an den Baum geschleudert und blieb benommen liegen.


Wie im Traum sah ich vor mir Blitze gleißend hell in den Boden fahren. War es dort, wo eben noch der Fremde stand?


Ich sah die Äste der Bäume selbst, nicht länger starr und ziellos durch die Luft schlagend, in den Nebel greifen und hörte Geräusche als tobe dort ein Kampf.


Ich sah den dunklen Schemen des Fremden, umschlungen und gebunden von dünnen Ranken, die aus dem Boden wuchsen, im Kampf mit etwas was anderem, das ich nicht zu beschreiben vermag.


Immer wieder zuckten Blitze in dieses Durcheinander und immer wieder hörte ich die Schreie des Fremden der um sein Leben, nein, seine Seele focht.


Dann war es plötzlich still.

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